
Automatismen ohne Programmierkenntnisse möglich
Werden “normale” Mitarbeiter ohne Programmierkenntnisse durch Low-Code-Software wie der Microsoft Power Platform zum Softwareentwickler und können dadurch zeitaufwendige Prozesse in Eigenregie automatisieren? Bisher lag die Verantwortung für Automatisierung laut einer PwC-Studie zum Thema „Robotic Process Automation in der DACH Region“ in 70 Prozent der Unternehmen bei der IT. Eine neuere Studie zeigt jedoch eine deutliche Verschiebung: Weg von der IT-Dominanz hin zu einer stärkeren Einbindung der Fachabteilungen. Diese Entwicklung unterstreicht die Vision von Herstellern wie Microsoft, dass etwa Power Automate als Teil der Power Platform durchaus von Nicht-IT-lern angewandt werden kann. Was Power Automate Flows betrifft, ist diese Vision bereits heute in vielen Unternehmen Realität, bei den Power Apps ist dagegen noch viel Luft nach oben.
Eine entscheidende Rolle spielt immer auch die jeweilige Unternehmenskultur, die ein selbständiges Agieren oft maßgeblich fördert oder auch erheblich bremst. Welche Automatisierungen Anwender ohne Programmierkenntnisse mit SharePoint & Power Platform tatsächlich umsetzen können und warum die systematische Zusammenarbeit mit der IT ein wesentlicher Erfolgsfaktor bleibt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Automatisierung ohne Programmierkenntnisse mit SharePoint und Power Platform
Sowohl über SharePoint als auch über die Power Platform bietet das Microsoft-Ökosystem zahlreiche Einstiegsmöglichkeiten in die Workflow-Automatisierung für Nutzer ohne Programmierkenntnisse.
Automatisierungen in SharePoint umsetzen
Das simple Verwenden von Grundfunktionen zur Automatisierung von Listen macht SharePoint zu einem optimalen Werkzeug für Unternehmen:
- Listen in SharePoint erstellen
Listen sind Sammlungen von Daten, die für einzelne Mitarbeiter oder Gruppen bereitgestellt werden können. Neben der Möglichkeit, manuelle Listen mit verschiedenen Spalten anzulegen, stellt Microsoft eine Reihe von Listen-Vorlagen für Standardanwendungen, wie To-Do-Listen, Issue Tracking oder Mitarbeiter-Onboarding, zur Verfügung.
- Formulare erstellen und anpassen
Auch einfache Erfassungsformulare ohne weitergehende Prozesslogik lassen sich über die Anpassung der Standardformulare einfach und ohne tiefergehende Programmierkenntnisse umsetzen.
Arbeitsabläufe als Flow in Power Automate umsetzen
Mit Power Automate lassen sich lästige Routineaufgaben in automatisierte Workflows umwandeln. Dadurch sparen sich die Zuständigen Zeit und Nerven, während der Arbeitsalltag spürbar erleichtert wird:
- Mit dem Flow-Designer können verschiedenen Tools und Systeme innerhalb eines Workflows miteinander verbunden werden, um beispielsweise den Abruf von Daten aus einer Drittanbieter-Anwendung zu automatisieren. Durch die engagierte Community und tatkräftige Entwickler kann bereits für sehr viele Standard-Business-Prozeduren in den Vorlagen der passende Prozess gefunden werden.
- Mithilfe sogenannter Konnektoren lassen sich andere Microsoft und Drittanbieteranwendungen anbinden. Mit dieser Verbindung können beispielsweise Social Media Postings mit einem bestimmten Hashtag in einer SharePoint Liste abgespeichert werden.
5 Vorteile von Automatismen mit Power Platform
Mit seinem modularen Ansatz, dem flexiblen Lizenzmodell und vielfältigen Integrationen profitieren Unternehmen mit der Power Platform und deren Möglichkeiten zur Automation von diesen 5 Vorteilen:
1. Mobile Apps erstellen
Mit Power Apps können automatisierte Workflows aus mobilen Apps gesteuert werden, die von Mitarbeitern variabel und ortsunabhängig genutzt werden können. Durch die gemeinsame Plattform können Power Apps und automatisierte Workflows auf Basis von Power Automate einfach und nahtlos miteinander kombiniert werden.
2. User-Akzeptanz steigern
Laut einer Studie von Deloitte braucht es für den Erfolg der digitalen Transformation eines Unternehmens die Anpassung von Arbeitsweisen, Strukturen und Kultur. Ohne entsprechende Akzeptanz der Mitarbeiter werden diese eine neue Lösung nicht einsetzen. Im schlimmsten Fall verpufft der Effizienzgewinn und führt zur Bildung einer Schatten-IT. Mit der Power Platform lassen sich Anwender von Anfang an in den Prozess einbinden, um deren reale Anforderungen zu erfüllen.
3. Integrierte Smartphone-Hardware nutzen
Mit einer App lässt sich die Smartphone-Hardware integrieren, um umfassendere Prozesse zu digitalisieren, die zum Beispiel das Scannen eines QR-Codes oder einen genauen Standort vom Nutzer erfordern.
4. Schneller Start durch Vorlagen
Die Power Platform bietet eine große Auswahl vordefinierter Prozesse für Standardaufgaben, die lediglich an einigen Punkten an das eigene Unternehmen angepasst und umgesetzt werden können. Erste automatisierte Workflows zur Erleichterung des Arbeitsalltags entstehen dadurch ohne großen Aufwand und in kurzer Zeit. Für viele Anwender ist dieser niederschwellige Zugang ein wichtiger Enabler, die eigene Arbeit spürbar zu erleichtern und darüber hinaus Abläufe nachhaltig zu optimieren.
5. Kostengünstiger Einstieg
Der Zugriff auf die Power Plattform ist bereits ab der Microsoft 365 F3 Lizenz enthalten, sodass Anwender einfach erste Automatismen umsetzen und Erfahrungen sammeln können, ohne dass hohe Zusatzkosten anfallen.
3 häufige Probleme beim Einstieg mit der Power Platform
Die Microsoft Power Platform macht Werkzeuge zur Automatisierung von Prozessen im gesamten Unternehmen zugänglich, aber trotzdem läuft der Einstieg nicht immer reibungslos und Anwender kämpfen unter anderem mit diesen 3 Problemen:
1. Doch mehr erforderliche Programmierkenntnisse als erhofft
Aus einem normalen Anwender ohne Programmierkenntnisse wird ein Citizen Developer, der Anwendungen komplett autonom entwickelt – so die Vision hinter No-Code-/Low-Code-Lösungen wie der Power Platform. Aber in der Praxis können auch grafische Benutzeroberflächen und Vorlagen die IT-Kompetenz nicht vollständig ersetzen, sodass komplexere Anwendungsfälle ohne erfahrene Entwickler letztlich doch nicht realisierbar sind.
2. Limitierte Möglichkeiten ohne vertiefte IT-Kenntnisse:
Durch den Fokus auf intuitive Drag-and-Drop-Entwicklung bleiben die Möglichkeiten für Anwender ohne technisch fortgeschrittene Kenntnisse, speziell in der Programmierung, begrenzt und komplexere Projekte machen die Beteiligung der IT notwendig. Gerade wenn die Entwicklung mehr beinhalten soll als das Befüllen von vordefinierten Templates, wird oft auf die IT Abteilung zurückgegriffen.
3. Frustration im Umgang mit der Plattform
Neueinsteiger ohne technische Vorbildung werden über die Anpassung einfacher Formulare hinaus kaum schnelle Erfolgserlebnisse mit der Power Platform feiern und unter Umständen frustriert sein.
Die Power Platform ist eine Low-Code-Lösung, aber ohne systematische Einbindung der IT sowie ein professionelles Maker Enablement durch Trainings und den internen Aufbau fachkundiger Ansprechpersonen, bleiben Unternehmen weit hinter den Möglichkeiten der mächtigen Plattform zurück. Spätestens bei der Arbeit mit mehreren Datenbanken und kritischen Prozessen sind ausgebildete Entwickler notwendig, die in Abstimmung mit den Fachbereichen die Softwareentwicklung übernehmen und entlang einer unternehmensweit einheitlichen Digitalstrategie handeln.
4 Tipps für Nutzer ohne Programmierkenntnisse: So gelingt der Einstieg in die Prozessautomatisierung
Die Power Platform produziert bei Anwendern ohne IT-Kenntnisse im ersten Kontakt häufig Fragezeichen, aber Neueinsteiger haben vielfältige Möglichkeiten, sich mit den Funktionen der Plattform vertraut zu machen:
1. Lernpfade der Power Platform
Die Lernpfade der Power Platform sind ideal für Einsteiger, da sie schrittweise durch aufbauende Kurse führen, die bis zur Zertifizierung reichen. Dabei wird der Lernfortschritt kontinuierlich sichtbar, was Anwender motiviert und ihnen Orientierung bietet. Gleichzeitig vermitteln die Kurse einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Produkte der Power Platform und deren Einsatzmöglichkeiten.
2. Hilfe in der Community
Die Power Platform Community ist eine gute Anlaufstelle für Einsteiger ohne Programmierkenntnisse, die bei kleinen Problemen und unsichtbaren Hürden schnelle und individuelle Hilfe bietet. Über eine Google-Suche lassen sich viele Lösungen auch in den Archiven der Entwicklergemeinschaft finden.
3. Virtueller Assistent innerhalb der Plattform
Innerhalb der Power Platform unterstützt ein virtueller Assistent motivierte Neueinsteiger bei ihren ersten Schritten innerhalb der Software. Der Wizard hilft Anwendern dabei, die Benutzeroberfläche kennenzulernen und erste Projekte mit der Power Platform umzusetzen.
4. KI Unterstützung mit Microsoft Copilot
Auch der neue Microsoft Copilot soll Nutzer ohne Programmierkenntnisse bei der Arbeit mit der Power Platform unterstützen. In Power Automate beschleunigt er beispielsweise den Weg zur Automatisierung, indem er durch die Eingabe von Anweisungen in natürlicher Sprache potentielle Lösungen bereitstellt, die zu den gewünschten Ergebnissen führen können.
Mein Tipp: Für Citizen Developer ohne tiefgehendes Programmierwissen ist der Microsoft Copilot eine wertvolle Hilfe für die schnelle und einfache Erstellung von Anwendungen und in manchen Fällen sogar der entscheidende “Enabler“. Von professionellen Entwicklern, die die Anwendung später vielleicht warten oder auch weiterentwickeln müssen, sollte man jedoch keine überschwänglichen Lobeshymnen erwarten.
Fazit: Erfolgreiche Automatisierungen mit der Power Platform
Einfache Automatisierungen zur Erleichterung des Arbeitsalltags und Verbesserung der individuellen Produktivität werden mit der Power Platform auch für Anwender ohne Programmierkenntnisse umsetzbar, während komplexere Projekte meistens die Einbindung der IT erfordern. Sie ist zusammen mit einem übergreifenden Change-Management und entsprechendem Onboarding der Citizen Developer entscheidend für den langfristigen Erfolg der Prozessautomatisierung im Unternehmen.
Apropos Citizen Developer: Die Kombination aus KI und Power Platform läutet gerade eine vielversprechende Ära ein. In den nächsten Jahren wird diese Anwendergruppe also sehr wahrscheinlich von vielen neuen Möglichkeiten profitieren.